Zwei, drei Wochen später sah sie es rein zufällig. An ihrer Hauswand, leicht versteckt hinter den Mülltonnen, hatte jemand mit wasserfestem Filzstift ein Kreuz, wie ein Pluszeichen, an ihre Hauswand gemalt, etwa drei Zentimeter groß. Das war ein Gaunerzinken!
Zinken gibt es schon seit vielen Jahrhunderten, die Tradition geht bis in 12. Jahrhundert zurück. Ursprünglich dienten sie dazu, dass sich das "wandernde Volk" verständigen konnte. Es gab Zeichen für "Übernachtung ist möglich" oder "Hier gibt es Essen".
Allerdings wurden Zinken auch von Gaunern und Einbrechern genutzt. Und das wohl auch heute noch.
Einbrecher kommunizieren immer noch über Gaunerzinken darüber, ob und wie sich ein Einbruch lohnt. Jetzt tauchten sie wieder verstärkt in Nord- und Ostdeutschland auf, in den letzten Wochen wieder in und um Berlin.
Das Zeichen an der Hauswand, ein Kreuz, wie ein großes Plus-Zeichen, steht für "Fromm stellen". Waren das etwa die angeblichen Heizungsableser, die bei der alten Frau waren? Sie taten, als wären sie "fromme" Heizungsableser, raubten dann aber die arme Frau aus.
Die Vermieterin handelte auf jeden Fall sofort: Sie informierte die Polizei, überkritzelte das Zeichen, malte daneben das Zeichen für "bissiger Hund" und sagt damit den Gaunern: Wir haben euch durchschaut und passen auf!
Ein anderer Fall:
Eigentlich ist es der Neugestaltung einer Auffahrt zu verdanken, dass die Geheimzeichen entdeckt wurden. „Nachdem die Auffahrt fertig war, haben wurde auch der Briefkasten wieder aufgestellt“, berichtet eine Hausbesitzerin in Berlin, die lieber anonym bleiben möchte.
„Am nächsten Morgen sah ich dann auf dem Kasten drei Punkte, die mit einem Lackstift aufgetragen waren. Weiter unten war noch ein Zeichen eingeritzt.“ Da die Markierungen am Nachmittag zuvor noch nicht da waren, war sofort klar, dass sie jemand über Nacht angebracht haben muss. „Das fand ich schon unheimlich, denn ich hatte sofort den Verdacht, dass es Gaunerzinken sein könnten.“
Die Frau recherchierte und fand heraus, dass die Einbrecher mit diesen Zeichen Häuser kennzeichnen, in denen sich ein Einbruch lohnt. „Ich habe sofort die Polizei angerufen und dann die Nachbarn informiert.“ Natürlich habe man sich daraufhin bei Nachbarn umgeschaut. „Vor allem dort, wo die Bewohner nicht zuhause waren“, erzählt der direkte Nachbar, ein junger Familienvater. Und tatsächlich wurden weitere Zeichen entdeckt:
So wurde ebenfalls mit einem Lackstift ein Rasenkantenstein mit zwei Strichen versehen – als Botschaft, dass in dem Haus zwei alte Menschen leben. Weitere Zeichen wurden mit einem scharfen Werkzeug eingeritzt, und zwar an einer Hauswand, einer Mülltonne und an einem Laternenpfahl. „Das Gruselige ist, dass die Aussagen der Zeichen tatsächlich auf die Bewohner der Häuser zutreffen“, sagt der Familienvater, „da muss jemand die Bewohner tatsächlich beobachtet haben.“
Die Polizei hat sich die Zeichen angesehen, sie fotografiert und den Bewohnern geraten, die Zeichen unkenntlich zu machen. Mehr konnte die Polizei leider nicht unternehmen, da bis zu diesem Zeitpunkt keine Straftat vorlag. |